Recht auf Bildung und Betreuung sichern – Eltern entlasten

Die Schulen sind seit mehr als elf Wochen quasi geschlossen, Kitas sind nur für einen Teil der Kinder geöffnet. Wir Eltern haben in den letzten drei Monaten alles gegeben, um neben Arbeit auch Homeschooling und Betreuung unserer Kinder zu gewährleisten. Diese Situation kann so nicht mehr weitergehen. Wir fordern tragfähige Lösungen – möglichst schnell und spätestens für die Zeit nach den Sommerferien. Lösungen, die in der fortbestehenden Corona-Pandemie – wenn zum Beispiel einzelne Schulen oder Klassen schließen müssen – tatsächlich funktionieren.

Komm zu unserer Kundgebung am Dienstag für das Recht auf Bildung und Betreuung: https://m.facebook.com/events/3201696799852101

Die Kitas in Berlin sollen für alle Kinder noch vor den Sommerferien geöffnet werden, für Schulen wird ein erweiterter Betrieb nach den Sommerferien angestrebt. Unser großer Dank gilt allen Erzieher*innen, allen Lehrkräften, die in den vergangenen Wochen ihr Menschenmöglichstes getan haben, um für die Kinder da zu sein.

Allerdings sehen wir mit großer Sorge, dass eine systematische Antwort für die geplante Öffnung nach den Sommerferien fehlt: So sind zum Beispiel 5600 Erzieher*innen nicht im Dienst, das wird sich auch zeitnah nicht ändern. An einzelnen Berliner Schulen fallen bis zu 50 Prozent der Lehrkräfte aufgrund von Attesten als Corona-Risikopersonen aus. Gleichzeitig sind die verbleibenden, einsatzbereiten Lehrkräfte parallel in der Notbetreuung beschäftigt. Auch die Aussicht auf den Herbst, in dem die Corona Infektionen womöglich wieder zunehmen werden, bereitet uns Sorge.

Wir schlagen deshalb vor:

Kundgebung am 9.6.2020

Am 9. Juni befasst sich der Senat mit der Zukunft der Berliner Kinder in der Coronakrise. Wir fordern, die von uns vorgeschlagenen kurz- und mittelfristigen Gesichtspunkte in die Beratungen mit einzubeziehen und umzusetzen.

Wir Eltern stehen in dieser Krise zusammen, tun unser Möglichstes um Arbeit, Kinderbetreuung und Haushalt zu schultern. Aber die Last darf uns nicht zum Zerbrechen bringen.

Dafür demonstrieren wir am 09. Juni 2020 um 9.30h vor dem Roten Rathaus. Bitte kommt und bringt eure Kinder und Plakate mit. Wichtig: Vor Ort bitte Abstand halten – und Maske tragen.

Die Forderungen im Detail

  1. Der Unterrichtsumfang muss stabil wieder zunehmen, wir brauchen zum Präsenz- auch digitalen Unterricht, wie von Bundesbildungsministerin Karliczek empfohlen. Kinder haben ein Recht auf Bildung. Eltern sind keine Lehrkräfte, auch wenn sie in den vergangenen Wochen ihr Möglichstes getan haben um ihre Kinder zu unterstützen. Ob Schüler*innen mit Videokonferenzenbegleitet werden oder nicht war bislang Zufall und Glückssache je nach Schule und Lehrkraft. Zukünftig aber soll digitales Lernen für alle professionell und verlässlich angeboten werden. Wir sehen darin einen Schlüssel, um Unterricht auch in Pandemiezeiten zuverlässig anbieten zu können. Dafür muss Senatorin Scheeres schnell die Voraussetzungen schaffen. Die Technologie ist vorhanden, es würde der digitalen Vorreiterstadt Berlin gut zu Gesicht stehen, sie endlich anzuwenden. Auch Lehrkräfte die einer Risikogruppe angehören können so weiter am Schulgeschehen teilhaben. Wenn nötig, müssen dafür kurzfristig Schulungen und Weiterbildungen durchgeführt werden. Angebote dafür sind vorhanden – sie müssen genutzt werden. Für mehr Präsenzunterricht wünschen wir uns die Prüfung, ob Lehramtsstudierende temporär zur Unterstützung in den Schulen eingesetzt werden können.
  2. Der Senat hat bereits 9500 Tablets für finanziell benachteiligte Schüler*innen eingekauft. Wir sehen aber, dass diese Option noch nicht in der Breite angekommen zu sein scheint. Der Bedarf ist höher, daher muss dieses Angebot schnell aufgestockt werden, um eine Teilhabe aller gewährleisten zu können. Die Beantragung muss unbürokratisch erfolgen ohne zu stigmatisieren. Auch Lehrer*innen, die einen Laptop benötigen, um digitalen Unterricht zu ermöglichen, müssen ausgestattet werden. Berlin hat in den letzten drei Monaten drei Milliarden Euro ausgegeben – an den Kosten von wenigen Millionen Euro darf es nicht scheitern, dass 360.000 Schüler*innen einfach nicht unterrichtet werden.
  3. Die derzeitige Situation führt uns vor Augen, dass das Betreuungssystem in Berlin an chronischer Unterbesetzung krankt, dass unsere Erzieher*innen unterbezahlt sind und ihre wertvolle Arbeit nicht ausreichend wertgeschätzt wird. Wir unterstützen daher die Forderungen des Bündnis Kitakrise Berlin, die unter anderem bessere Bezahlung fordern (die Angleichung an die Brandenburger Gehälter steht nach wie vor aus) und einen verbesserten Betreuungsschlüssel vorschlagen. Der aktuell notwendige Infektionsschutz zeigt einmal mehr, dass es einen besseren Betreuungsschlüssel braucht, um auch über Krisenzeiten halbwegs gut hinweg zu kommen.
  4. Alle Kinder haben ein Recht auf Betreuung und Bildung – auch die, in deren Familie Angehörige aus Risikogruppen sind. Für diese Kinder müssen ebenfalls Angebote und Lösungen geschaffen werden. In den Schulen und Kitas kann digitaler Unterricht gerade für diese Schüler*innen die Teilhabe gewährleisten..Für Eltern mit Kindern mit Behinderungen müssen weiterhin besondere Bemühungen zur Entlastung und Förderung ihrer Kinder im Mittelpunkt von unbürokratischen Maßnahmen stehen.
  5. Die Kapazitäten der Kinder- und Jugendhilfe müssen ausgeweitet werden, um wegfallende Kontroll- und Meldeinstanzen von Kitas und Schulen im Hinblick auf Kindeswohlgefährdung bzw. Kinderschutzmeldungen ansatzweise kompensieren zu können. Eine finanzielle Sicherstellung der Arbeit der Träger der Kinder- und Jugendhilfe muss auch dann gewährleistet sein, wenn Hausbesuche nicht möglich sind, sondern stattdessen nur telefonische oder digitale Kontaktaufnahmen. Die Personalsituation an den Jugendämter muss überdies besser ausgestattet werden.
  6. Erzieher*innen und Lehrkräfte müssen prioritär mit COVID-19 Tests ausgestattet werden, um mögliche Infektionen regelmäßig und häufig nachweisen und so eine weitere Ausbreitung von COVID-19 Erkrankungen eindämmen zu können. Auch langfristig bis in das neue Jahr hinein muss der Senat Kapazitäten dafür bereit halten.
  7. Der Senat hat bereits den Weg frei gemacht um private Betreuungskreise zu ermöglichen. Wir begrüßen diesen Schritt, sehen aber auch dass dies langfristig nur wenig Entlastung bringt. Auch darf die Betreuung keine Frage des Geldbeutels sein. Wenn Eltern die Betreuungsstrukturen durch privat organisierte Optionen entlasten sollte dafür auch eine angemessene finanzielle Entschädigung möglich sein. Dabei sollte das Programm MOKIS ergänzend in Erwägung gezogen werden.

Initiator*innen: Sabine Ponath, Janik Feuerhahn, Camilla Rando, Katharina Mahrt (Kitakrise Berlin), Tanya Neufeldt, Dr. Franziska Briest